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Ermlandbriefe (2/2014)
Katechismus-Ecke - Pfingsten 2014
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Impulse zur Glaubensvertiefung (7)
Jesus in seiner Verlassenheit am Kreuz
Von Pastor Lic. iur. can. Clemens Bombeck, Prodekan des Ermländischen Konsistoriums
Liebe Leserinnen und Leser der Ermlandbriefe!
Wo findet man heute noch ein Kreuz in einer Wohnung? Und wenn man sich ein Kreuz für die Wohnung oder als Geschenk zur Erstkommunion oder Firmung erwerben möchte, wie sollte es aussehen: ein modernes Kreuz sollte es in jedem Fall sein, wohl möglich in Bronze? Viele Kreuze sind künstlerisch sehr unterschiedlich gestaltet, teils mit einem Corpus, teils auch mit einem Spruch. Je nachdem, was man mit Hilfe des Kreuzes darstellen oder beschreiben möchte, ist das Kreuz gestaltet.
Vor vielen Jahren besuchte ich in Tirol einmal einen Bauern auf seinem alten Hof. Dabei fiel mir in seiner Stube ein altes Kreuz auf. Es war anders als die Kreuze, die ich bislang kannte. Während die klassischen Kreuze Jesus nach seinem Tod darstellen, also mit geneigtem Haupt, um auszudrücken: „Es ist vollbracht! – und er neigte sein Haupt und starb“, war auf diesem Kreuz der gekreuzigte Jesus noch lebend, d.h. mit erhobenem Haupt und die Augen zum Himmel gerichtet dargestellt. Der geöffnete Mund schien mir zu sprechen. Derartige Kreuzesdarstellungen sind äußerst selten. Gern hätte ich dieses Kreuz erworben. Weil mir der alte Bauer sein Kreuz verständlicherweise nicht überließ, habe ich einen befreundeten Schnitzer im Ort gebeten, mir dieses Kreuz nachzuschnitzen. So hängt es heute in meiner Wohnung. Was fasziniert mich an dieser Kreuzesdarstellung?
Jesus, der am Kreuz hängende und leidende Herr erinnert mich nicht nur an seine körperlich extreme Passion; auch seine seelische Passion tritt bei dieser Kreuzesdarstellung in den Blick. Sein Blick trifft mich, und sein geöffneter Mund weist hin auf seinen Schrei „Eloi, Eloi, lema sabachtani? - Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?”
Jesus in seiner Verlassenheit am Kreuz - vom Vater im Himmel verlassen wie auch von uns! Nicht nur sein Leib erleidet schreckliche Schmerzen, auch seine Seele. Mit seinem Schrei „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ macht sich Jesus den Anfang des Psalms 22 zu eigen. War dies ein Schrei der Verzweiflung oder ein Ausdruck des Vertrauens? Es gibt viele Deutungen. Ich bin überzeugt, dass Jesus in diesem Augenblick den größten Schmerz seiner Passion erlitten hat. Er, der stets nur das eine wollte - ganz aus dem Willen des Vaters zu leben und ganz eins mit ihm zu sein -, er erlebt am Kreuz als Mensch das Verlassen-sein vom Vater, als Gott den Schmerz der Verlassenheit als Folge der Sünde der Menschen. So wird in seiner Passion sein Schrei zum Ausdruck seiner Liebe: Er erleidet den Tod, um die Gottesferne des Menschen zu durchbrechen und in seiner Auferstehung den Zugang des Menschen zum ewigen Heil zu eröffnen.
Bemerkenswert ist es: Jesus schreit seine Verlassenheit hinaus in der Sprache seiner Mutter. Wenn das Leid jene Grenze erreicht hat, an der das ganze Leben in Frage gestellt ist, dann ruft man - vielleicht mit letzter Kraft - nach der Mutter; denn sie ist der Inbegriff der Liebe. So konnte Chiara Lubich in einer Meditation einmal sagen: „Als Sohn des Vaters fandest du die Liebe in Gott, daher hast du ihn gerufen. Als Mensch erfuhrst du die Liebe auch in deiner Mutter. Da es unmöglich war, beide zugleich anzurufen, riefst du zum Vater in der Sprache der Mutter. - Welch tiefe Schönheit in deinem unendlichen Schmerz, verlassener Jesus!“
Jesu Schrei der Verlassenheit am Kreuz ist nicht verhallt; auch heute ist er in vielfältigsten Formen überall zu hören. Wir begegnen Jesus dort, wo Krankheit und Leid, Einsamkeit und Trauer, Hunger, Elend und Krieg, Hass, Streit und Gewalt, Krieg, Terror und Tod das Leben des einzelnen Menschen trifft. Wenn Jesus uns, wie ich schon erwähnt habe, seine größte Liebe in seiner Verlassenheit am Kreuz erwies, und Liebe immer auf Antwort wartet, dann kann es für einen Christen eigentlich nur eine Antwort geben: IHN lieben, indem ich bei denen bin, die leiden, weil in ihrem Leid Sein Leid - ER - gegenwärtig wird.
In ihrer vielleicht kostbarsten Meditation bekennt Chiara Lubich über Jesus den Verlassenen: „Ich habe nur einen Bräutigam auf Erden: Jesus den Verlassenen. Ich habe keinen Gott außer ihm. In ihm ist der ganze Himmel mit der Dreifaltigkeit und die ganze Erde mit der Menschheit. Was sein ist, ist darum mein, sonst nichts. Und sein ist der Schmerz der ganzen Welt - deshalb auch mein. Ich werde durch die Welt gehen und ihn suchen in jedem Augenblick meines Lebens.“
8: Das Wort nicht nur hören, sondern tun
9: Jesus – das Brot des Lebens
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